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20.01.09

Ausstellung: „Die letzte Reise"

Rosenkranz

Ende November haben wir eine Ausstellung besucht mit dem Thema: „Die letzte Reise“. Untertitel: Wie sich Sterbebräuche geändert haben.

Ich zeige sie jetzt erst , da ich fand das der Bericht nicht in die Adventszeit passte. Aber ich fände es zu schade, ihn einfach ausfallen zu lassen. Was meint ihr?

Gezeigt wurden unter anderem: zahlreiche Gebetbücher, Rosenkränze, Sterbebilder, Totenbretter, Verseh-Garnituren und Wachsstöcke aus mehr als 100 Jahren.

Gebetbuch
Mit den Sterbebildchen wollte man früher erreichen dass man des Toten oft gedenkt, heute dienen sie mehr der Erinnerung.

Sterbebild mit Angabe des Ablaßes den man fürs Beten bekommt.
Ab 1875 waren sie ovale Lichtbilder, ca. so groß wie eine Münze die man einklebte. Im 19. Jahrhundert verbreitete sich der Brauch im ganzen katholischen Europa. Bis ca. 1860 wurden normale Heiligenbilder gedruckt, danach setzte die spezielle Produktion mit Trauerrand ein.
Die betenden Hände von Albrecht Dürer oder Bergbilder gibt es erst seit 30 Jahren. Im 1. Weltkrieg kam die Fotografie auf die Gefallenenbildchen, der Soldat wurde häufig in Uniform gezeigt.
Sterbebild mit Soldat in Uniform
1880 – 1950 waren diese Bilder „mitteilsam“, sie nannten Familien- und Gesellschaftsstand der „tugendsamen Jünglinge und Jungfrauen“. Heute beschränkt man sich auf ein Minimum. Um 1335 dogmatisierte Papst Benedikt der XII. die Vorstellungen vom Partikulargericht, dem Einzelgericht, und die Lehre vom Fegefeuer die den Arme-Seelen-Kult nach sich zogen.
Handgeschriebenes Gebetbuch
Demnach findet gleich nach dem Tod das Einzelgericht statt dass darüber entscheidet wer als Heiliger direkt in den Himmel kommt, wer in die Hölle muss oder wer als Reinigung von begangenen Sünden zur Läuterung ins Fegefeuer geschickt wird.
Gebetbuch zm Trost der Armen Seelen
Die Armen Seelen im Fegefeuer leiden zwar die gleichen Qualen wie die Verdammten in der Hölle, aber ihr Verbleib ist zeitlich begrenzt, weshalb sie auf Darstellungen die Arme hoffnungsvoll in die Höhe strecken und um Gebete bitten, die ihre Verweildauer im Fegefeuer verkürzen helfen.
Sterbeblatt

Auf 60 Schautafeln waren 1600 Sterbebilder aus 140 Jahren zu sehen und da es eine örtliche Ausstellung war, waren diese Bilder aus der ganzen Gegend gesammelt. Man sah viele Menschen die nach bekannten Namen suchten. Obwohl mein Mann und ich ja nicht von hier sind, sah man bei bestimmten Namen Zusammenhänge. Die Sterbebilder waren thematisch geordnet: z.B.: Motive im Wandel der Zeit; nach Berufsgruppen oder Geistliche und Honoratioren; sowie Gefallene aus Weltkriegen. Im Ganzen gesehen war diese Ausstellung so durchzuführen mit sehr viel Arbeit verbunden und ich fand es schade dass die Ausstellung insgesamt nur an 4 Tagen zugänglich war! Allerdings hatte man wohl auch nicht mit einem so großen Besucher Andrang gerechnet, denn die extra dafür gedruckten Broschüren waren schon vergriffen als wir dort waren.
Zeichnung wie der Versehtisch aufzubauen ist.
Der Versehtisch wurde neben dem Bett des Todkranken hergerichtet. Eine Tischdecke dazu war in jedem Haus vorhanden, denn zur Hochzeit bekam jede Braut eine geschenkt. Im 20. Jahrhundert gehörte sie zu jeder Aussteuer und war nur für den Versehtisch vorgesehen. . Diese Decke wurde noch 1920 mit der Hand gestickt.
Verseh-Tischdecke, handgestickt

Der Pfarrer gab dem Kranken die Sterbesakramente, Beichte, Kommunion und letzte Ölung. Es wurde solange gebetet bis der für die „letzte Reise“ Vorbereitete den letzten Atemzug tat. Ein Sterbender wurde früher nie allein gelassen.
Versehtisch, geschmückt
Übrigens kenne ich dies von meinem Beruf als Krankenschwester in einem katholischen Haus. Früher haben wir dort auch den Versehtisch gestaltet bevor der Pfarrer kam. Am Ende meines Dienstes wollten die Pfarrer das nicht mehr und sagten: Das geht auch ohne.
Aber allein gelassen haben wir Sterbende auch nicht. Wenn das Personal zu knapp war, das keine Krankenschwester abkömmlich war, wurde wenigstens eine Schülerin ans Bett gesetzt die dann die verantwortliche Schwester holte, wenn es aufs Ende zuging, allerdings nur wenn keine Angehörigen dabei waren, ansonsten wurde diese Begleitung den Angehörigen überlassen.
Wachsstock
Da bis vor 200 Jahren auf dem Land vielfach ohne Sarg bestattet wurde, und es bis um1850/60 kaum Leichenhäuser gab, wurden Verstorbene Zuhause aufgebahrt. Sie wurden auf über ein Gestell gelegtes Brett auf ein Leintuch gebettet und zur Beerdigung wurde der Leichnam in dies Tuch eingenäht, wobei nur das Gesicht frei blieb. Es ist überliefert dass noch 1856 hier im Landkreis die Stelle einer „Einnäherin“ besetzt wurde. Auf diesem Bahrbrett wurde der Tote zum Friedhof getragen, dass Totenbrett wurde ins ausgehobene Grab gestellt und man ließ den Toten ins Grab hinab gleiten. Das so genannte „ Brettlrutschn“ wurde umgangssprachlich für „aus dem Leben scheiden“, „vom Brett gerutscht sein“ hieß, dass jemand verstorben war. Demnach diente das Tetenbrett sowohl als Bahr-, Transport- und auch als Bestattungsbrett, welches dem Verstorbenen auf das Gesicht gelegt wurde, um dieses vor größeren Erdklumpen und Steinen zu schützen! Wann genau der Brauch aufkam diese Totenbretter im Freien aufzustellen ist unbekannt. Doch da durch die um 1870 einsetzende wissenschaftliche Erfassung der Totenbretter keines nachgewiesen werden konnte, dass von vor 1815 stammt, gilt heute die Erkenntnis dass sich der Brauch nur aus der zunehmenden Sargbestattung erklären lässt.
Totenbretter
Nun konnten Totenbretter einer Zweitverwendung als Gedächnisbrett zugeführt werden. Dafür wurden sie vom Schreiner oder Maler bearbeitet, der sie hobelte, in Körperform zuschnitt, mit aufgelegten Leisten gliederte oder mit 3 aufgezeichneten Kreuzen die Seite markierte, auf der der Tote lag. Andere Bretter wurden mit Ölfarbe gestrichen, Stand sowie Alter des Verstorbenen und ein Vers angebracht, mit Zeichen der Vergänglichkeit ( Totenkopf, Sanduhr, geknickte Kerze ) oder mit einer Abbildung des Verstorbenen versehen. Aus dem 19. Jahrhundert stammt diese Inschrift: So bist auch du hinabgesunk ins Land, wo die Verwes wühlt, hast du den Leidenskelch getrunk und deine Pflicht getreu erfüllt. ( 19. Jahrhundert für den Bürgermeister aus Tödtenried ) Manche Bretter wurden an Bäumen aufgehängt, man hatte die altgermanische Vorstellung, wonach die Seele auf dem Totenbrett oder in Bäumen Wohnung nahm. Ganze Kulturen: Ägypter, Griechen und viele andere glaubten an ein Weiterleben nach dem Tod. Auch früher war Sterben eine kostspielige Angelegenheit: Sarg, Grabstätte, Leichenschmaus ( der zeitweilig verboten war, aber dennoch nicht unterdrückt werden konnte ) und nicht zuletzt die Dienste des Pfarrers kosteten, wie viele Dokumente zeigten, eine Stange Geld. Interessant fand ich dass es 4 Begräbnisklassen gab.
Stadtgebühren Ordnung der 4 Beerdigungsklassen.
Je nachdem wie viel Kerzen angezündet wurden und wie viel Leute offiziell das Begräbnis begleiteten.
Und: ….ob der Pfarrer das Begräbnis in alten oder neuen "Rauchmantel" abhielt. Auch ist ein Begräbnis dokumentiert, indem der Verstorbene zwar zu Grabe getragen, aber nicht bestattet wurde. Der Leichenschmaus wurde übrigens untersagt weil: „mehrere Eimer Bier zu teuer waren für „arme Personen“, deren Hinterlassenschaft kaum zur Bestreitung der Totenbahre hinreicht!“
Anordnung zum Leichenschmaus
Interessant fand ich ein Gespräch mit der Initiatorin der Ausstellung die uns noch von verschiedenen Gebräuchen berichtete. Unter anderem: das das Fenster wurde geöffnet damit die Seele ausfliegen konnte usw., die mich an heutige Gebräuche erinnerten die wieder auferstehen. Ich fand die Ausstellung sehr interessant und denke dass sie ein Stück daran erinnert das der Tod zum Leben gehört. Leider klammern wir ihn heute überall aus und sind dann auch bei alten Leuten völlig überrascht, wenn es doch soweit ist!
Trauerkleidung für Mann und Frau
Sehr interssant fand ich auch die alte Trauerkleidung die gezeigt wurde. Ich kann mich noch erinnern das ich, als mein Vater 1972 starb, 3 Monate schwarz tragen mußte. Nach der Zeit durfte ich dann zu einem schwarzen Rock eine helle Bluse anziehen. Ich fand das ganz furchtbar, zumal mich schwarz noch blasser aussehen läßt als ich ohnehin schon bin, aber meine Mutter kannte das von ihrem Elternhaus und der Gegend her und so wurde es halt gehandhabt. Übrigens stammt sie aus einem Dorf in Ostfriesland wo die Nachbarn das Einsargen vorgenommen haben. Dazu trafen sich alle Nachbarn, es war eine Gemeinschaftsarbeit, und danach gab es belegte Brote und Schnaps für die Männer.
Wachsstock

4 Kommentare:

Marie-Louise hat gesagt…

Hallo Guilitta
Das finde ich jetzt einen ganz interessanten Beitrag. Da sieht man wie die Zeit sich geändert hat. Ja das mit dem 3 Monate schwarz tragen kenne ich auch noch, beim Tod von meinem Vater war das bei uns auch noch Brauch. Danke schön für diesen informativen Beitrag.
Liebe Grüsse Marie-Louise

Fuchsienrot hat gesagt…

Hallo Guilitta,
das ist ein ganz wichtiger Beitrag. Ja, der Tod gehört zum Leben dazu und so viel über die Bräuche darüber zu erfahren ist wirklich sehr interessant. Weisst du zufällig, ob das alles katholische Bräuche waren? Ich selbst bin evangelisch und habe von solchen früheren Bräuchen hier bei uns nie gehört.
Ich habe beide Elternteile beim Sterben begleitet, sie sind in meinen Armen daheim in ihrer Wohnung gestorben. Das war der größte Wunsch von beiden. Auch wenn es sehr schwer war loszulassen, diese Erfahrung hat mein Leben sehr bereichert und ich fühle mich ihnen auch nach fast 11 bzw. 12 Jahren sehr nahe. Als mein Vater starb, habe ich meiner damals schon sehr kranken Mutter zuliebe drei Monate Trauerkleidung getragen. Aber was bringt diese Kleidung? Man trauert mit dem Herzen.
Ich hoffe, dass es dir gesundheitlich wieder richtig gut geht. Ich selbst bin diesen Winter mit Erkältungskrankheiten sehr gebeutelt.
LG
Angelika

Guilitta hat gesagt…

Hallo Angelika,

Also die Ausstellung hat ja über die Bräuche i, Allgemeinen und im speziellen hier in Bayern berichtet und das ist ja überwiegend katholisch soweit ich weiß. Was ich von meiner Mutter und Ostfriesland berichtet habe , dort ist die Gegend Evangeisch. Überhaupt denke ich das , da ja die evanglische Kirche der Katholischen entstammte, die Bräuche zunächst sicher ziemlich gleich waren, sie sich erst im Laufe der Zeit entfernt haben. Ich habe ja manchs mit Wickipedia verlinkt, dort kannst du es genauer nachlesen! Ich denke man hört einfach wenig über den Tod und die früheren Zeiten!

Gruß
Guilitta

SchneiderHein hat gesagt…

Liebe Guilitta,
stimmt, in der Adventszeit wäre dieser Beitrag bestimmt etwas bedrückend gewesen.
Aber ich finde es schön, dass ich ihn hier nun entdeckt habe. Ja, der Tod wird so gut es geht gerne verdrängt und möglichst abgeschoben.
Und es ist wirklich erstaunlich, wie sehr sich die Begräbnisse je nach 'Stand' verändern oder doch noch traditionell durchgeführt werden. Auch ich musste 1980 meiner Großmutter zuliebe Schwarz tragen. Obwohl es mir als 15jährige viel wichtiger war, welche doch schönen Erinnerungen ich mir an meinen Großvater bewahren konnte. Sein Urnengrab habe ich damals nur widerwillig besucht, da ich dort für mich nichts fand, was mit ihm und der Erinnerung an ihn zu tun hatte.
Bei meiner Schwiegermutter stellte Wolfgang fest, dass sie zur 'Berufswitwe' wurde. Da war es wichtig lange Schwarz zu tragen, damit die Nachbarschaft sich nach ihrem Befinden erkundigte. So haben manche Traditionen doch auch ihren Sinn.
Ja, es gibt viele Ausprägungen mit dem Tod umzugehen. Und so, wie es früher war, dass Arme sich das Begräbnis kaum leisten können, den Fall haben wir jetzt dank des fehlenden Sterbegeldes ja wieder. Nun wird aus Kostengründen entsorgt ...
Vielleicht ändert sich im Laufe der Zeit nun wieder etwas, da die Sterbenden nicht mehr so oft ins Heim oder Krankenhaus abgeschoben werden können. Ich vermute in den nächsten Jahren werden sich viele Kinder den Heimaufenthalt ihrer Eltern nicht mehr leisten können.
Allerdings kann im Alter Sterben ja anscheinend auch ein sehr langsamer Prozess sein, wenn die Pflege stimmt. Meine Großmutter ist nun schon im 102 Lebensjahr, seit mehreren Jahren dement und ist erst seit März dauerhaft bettlägerig. Eigentlich wäre es an der Zeit sie ins Pflegeheim zu geben, da meine Mutter sie nun seit über 5 Jahren rund um die Uhr betreut. Sie ist am Ende ihrer Kräfte aber hofft, dass meine Großmutter irgendwann in ihrem Zuhause einschläft. Aber es gibt immer wieder schlechte und auch bessere Tage bei ihr und der Moment scheint noch nicht da zu sein ...
Aber auf diese Weise ist der Tod nun doch näher und ganz anders, als noch vor 6 Jahren als mein Vater in Dresden im Pflegeheim starb. Glücklicherweise war seine Freundin damals im Raum bei ihm.

So, nun schaue ich aber weiter, welche fröhlichen Themen ich bei Dir noch finde ...